Dr. Christian A. Caroli – د. كْرِسْتْيَان أ. كَارُلِي

Ptolemaios I. Soter

Caroli: Ptolemaios I. Soter (Coverbild)

Christian A. Caroli:

Ptolemaios I. Soter – Herrscher zweier Kulturen
 

Konstanz 2007 (badawi - artes afro arabica)
 

Umfang: XIV + 414 Seiten • Format: 24 x 17 cm • ISBN 13: 978-3-938828-05-2

Preis (bis 10/2015): EUR 59,99 (inkl. 7% MwSt.) • Preis (ab 11/2015): EUR 29,95 (inkl. 7% MwSt.)

 

 

B) Rahmenhandlung und Außenpolitik einschließlich der Verwaltung der Provinzen

III.) Die Außenbesitzungen

a) Die Kyrenaia

2.) Kyrene in der Zeit zwischen der Reichsordnung zu Triparadeisos und dem Frieden von 311

Zu einem nicht näher definierbaren Zeitpunkt nach der Annexion der Kyrenaia konnten die ptolemaiischen Besitzungen im Westen entlang der Küste der Großen Syrte bis Euphrantas Pyrgos ausgeweitet werden.369 Diese Region war von großer handelspolitischer Bedeutung, da sie einen Knotenpunkt zwischen zentralafrikanischem Handel und Mittelmeerhandel darstellte.370 Insbesondere endete in Euphrantas Pyrgos ein wichtiger Handelsweg nach Süden in die Gegend von Fezzan und weiter zum Tschadsee, über den v.a. Gold und Edelsteine aus „dem Herzen Afrikas“ durch die Sahara nach Norden gelangten, was v.a. dadurch besondere Bedeutung erlangte, weil unter Ptolemaios I. der Vorstoß nach Nubien, wenn überhaupt, äußerst marginal war, wie auch die Goldgruben des Wadi Allaqi außerhalb der ptolemaiischen Einflußsphäre lagen.371 Allerdings gehörte dieses Gebiet zu Lebzeiten des Eratosthenes, Mitte des 3. Jh., schon wieder zu Karthago (Strab. 2,5,20 (p. 123); s.a. Pol. 3,39,2 & 10,40,7), so daß die Ansprüche auf sie u.U. unter Ptolemaios II. Philadelphos zugunsten eines besseren Einvernehmens mit Karthago wieder abgetreten worden sein könnten,372 wenn sie nicht schon bei einer der Abfallbewegungen in der Kyrenaia (s. unten & in 4.) Die weiteren Ereignisse) oder bei dem Abenteuer des Ophellas mit Agathokles (s. in 3.) Der Zug gegen Karthago und der Fall von Ophellas) verlorengingen.

Die Neuerwerbungen könnten auch 313/12 zu einem ersten Aufstand in der Kyrenaia gegen Ptolemaios (Diod. 19,79,1-3) geführt haben, da nun ein nicht unbedeutender Anteil der Profite aus dem Handel mit Zentralafrika, die ehemals der Region zugute gekommen waren, direkt in die Kasse des Ptolemaios gewandert sein dürften. Außerdem trat Ptolemaios, wie die Münzprägung in Kyrene zeigt (s. in 5.) Das Verfassungsdiagramm), gegenüber den Poleis anscheinend recht autoritär auf.373 Aber auch ein äußerer Einfluß kann nicht ausgeschlossen werden, indem Ptolemaios mit seinen militärischen Ressourcen an diese Region gebunden werden sollte, zumal da im Osten gerade der Dritte Diadochenkrieg in vollem Gange war.374 Die Aufständischen belagerten die in der Burg stationierten ptolemaiischen Besatzungstruppen und ermordeten die daraufhin zur friedlichen Beendigung des Aufstandes geschickten Gesandten aus Alexandreia (Diod. 19,79,1). In Folge dessen wurde ein Entsatzheer unter dem Strategen Agis und ein Flottenverband unter Epainetos nach Kyrene beordert, die den Aufstand rasch beendeten. Hierbei wurden die Anführer der Aufständischen gefangengenommen und nach Alexandreia deportiert, während die restlichen Kyrenaier entwaffnet wurden und die Sieger die Ordnung nach ihrem Gutdünken wiedererrichteten (Diod. 19,79,2-3).375 Die Rolle und das Verhalten des Ophellas beim Abfall und bei der Wiedergewinnung der Provinz können nicht rekonstruiert werden, auf jeden Fall blieb Ophellas jedoch der Statthalter.376

In bezug auf den Friedensvertrag von 311 stellt sich die Frage, ob die Kyrenaia überhaupt erwähnt wurde. Denn als Bezeichnung kommt nur Λιβύη vor (Diod. 19,105,1). Dieser Begriff kann sich aber auch lediglich auf den Wüstenstreifen westlich des Niltals beziehen, wie es unter Alexander bei der administrativen Aufteilung Ägyptens geschehen war (s. in A) II.) b) Alexander der Große in Ägypten).377 Allerdings stellt sich hierbei die Frage, ob die Diadochen überhaupt eine Notwendigkeit sahen, dieses Gebiet nach Westen hin weiter abzugrenzen, da keine der anderen Vertragsparteien ein direktes Interesse an diesen Gebieten haben konnte, die hauptsächlich ein Problem zwischen dem Satrapen von Ägypten und Karthago waren. Schließlich könnte in der überlieferten Paraphrase eine entsprechende Formulierung der Kürzung durch den Autor zum Opfer gefallen sein. Nun sahen sich auch die beteiligten Parteien zu diesem Zeitpunkt noch offiziell als Satrapen des Alexanderreiches, weswegen sie in ihrem Vertrag nur die Verteilung der Gebiete festgelegt hätten, die zum ehemaligen Alexanderreich gehört hatten. Zu diesen habe die Kyrenaia aber nicht gehört, sondern sei als eine persönliche Eroberung des Ptolemaios und damit als seine persönliche Angelegenheit angesehen worden. So sei gerade die Insel Zypern in diesem Vertrag nicht erwähnt worden, obwohl sie inzwischen faktischer Besitz des Ptolemaios und in den vorangegangenen Kriegen immer Objekt der Begierde beteiligter Kriegsparteien gewesen sei, so daß ein echter Friedensvertrag diese Frage hätte regeln müssen.378 Allerdings handelte es sich bei dieser Übereinkunft von der Sache her v.a. um einen Waffenstillstand im allgemeinen, der kleinere Auseinandersetzungen in der Peripherie nicht ausschloß, wie auch allen Beteiligten der Charakter der Vorläufigkeit bewußt gewesen sein mußte. Auch waren in der Reichsordnung zu Babylon nachweislich Gebiete verteilt worden, die erst noch erobert werden mußten, so daß das Alexanderreich nach dem Tode seines Begründers von Anfang an nicht im status quo verharrt hatte (s. in B) II.) a) 1.) Die Ereignisse zu Babylon nach dem Tode Alexanders des Großen).

 

 

Anmerkungen:

369 Strab. 17,3,20 (p.  836); s.a. Hölbl (1994), p. 19. Huß (2001), pp. 102-103 setzt diese Erwerbungen schon vor 320 an, da in den Bestimmungen von Triparadeisos gemäß Arrian von vier Gebieten, nämlich (nach Interpretation von Huß) Ägypten, der Kyrenaia, den eroberten Gebieten jenseits der Kyrenaia und von noch zu erobernden Gebieten, gesprochen werde, so daß die Grenzausdehnung bis Euphrantas Pyrgos schon damals zumindest teilweise vollzogen worden sein müsse. Allerdings wird in diesem Text der Begriff Λιβύη verwendet, der nicht unbedingt die Kyrenaia bezeichnen muß, sondern genausogut sich auf die Gebiete der libyschen Wüste zwischen dem Niltal und der Kyrenaia wie z.B. die Oasen beziehen kann, so daß das Gebiet jenseits davon die Kyrenaia sein könnte. Nun wurde aber bei der Expedition des Ophellas von 309/08 (s. in 3.) Der Zug gegen Karthago und der Fall von Ophellas) anscheinend noch Automalax als die Grenzstadt des ptolemaiischen Territoriums betrachtet, indem Ophellas von dort aus seine Feindseligkeiten gegen Karthago eröffnete (Diod. 20,41,2). Jedoch können danach bis zum Aufstand von 305 keine dementsprechenden Kampagnen mehr belegt werden und erscheinen auch eher unwahrscheinlich, so daß dann nur die Zeit unter Magas in Frage käme. Allerdings eignete sich die Gegend von Euphrantas Pyrgos kaum für ein Feldlager eines allzu großen Heeres, da sie kaum Ressourcen wie Lebensmittel zum Unterhalt einer so großen Menschenmasse produzieren kann, so daß auch bei einem dortigen Verlauf der Grenze Automalax den geeignetsten Ausgangspunkt bildete (Laronde (1987), pp. 350-351).

370 Hölbl (1994), p. 19.

371 Huß (1979), p. 125; s.a. Huß (2001), pp. 103-104.

372 Huß (2001), p. 294.

373 Hölbl (1994), p. 19.

374 Bengtson (1975), pp. 24-25; s.a. Huß (2001), p. 159.

375 Hölbl (1994), p. 19; s.a. Droysen (1877), Bd. II, p. 232; Mahaffy (1895), p. 40; Huß (2001), p. 159.

376 Berve (1939), p. 633; s.a. Ameling (2000)c, p. 1252.

377 Will (1960)b, pp. 369-370.

378 Will (1960)b, pp. 372-374.

 

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