Dr. Christian A. Caroli – د. كْرِسْتْيَان أ. كَارُلِي

Ptolemaios I. Soter

Caroli: Ptolemaios I. Soter (Coverbild)

Christian A. Caroli:

Ptolemaios I. Soter – Herrscher zweier Kulturen
 

Konstanz 2007 (badawi - artes afro arabica)
 

Umfang: XIV + 414 Seiten • Format: 24 x 17 cm • ISBN 13: 978-3-938828-05-2

Preis (bis 10/2015): EUR 59,99 (inkl. 7% MwSt.) • Preis (ab 11/2015): EUR 29,95 (inkl. 7% MwSt.)

 

 

B) Rahmenhandlung und Außenpolitik einschließlich der Verwaltung der Provinzen

III.) Die Außenbesitzungen

c) Koilesyrien

4.) Der Vierte Diadochenkrieg und die Bedeutung von Koilesyrien

Der Einsatz des Ptolemaios während des Vierten Diadochenkrieges bestand lediglich aus einem kurzen Einfall in Koilesyrien (s. in B) II.) c) 5.) Der Niedergang des Antigonos Monophthalmos). Nach dem Sieg seiner Koalitionspartner und dem Tod des Antigonos besetzte Ptolemaios schließlich endgültig Koilesyrien (Diod. 20,113,1-2) bis zum Fluß Eleutheros bis nach Byblos, eventuell gar bis Damaskus.531 Diese Besetzung ohne vorherige Mitwirkung an der entscheidenden Schlacht sollte der Auslöser für die Auseinandersetzungen der folgenden Generationen zwischen Ptolemaiern und Seleukiden um Koilesyrien werden (Pol. 5,67,4-11), die über 150 Jahre lang andauern sollten. Denn auf der einen Seite sah sich Ptolemaios hierzu berechtigt, da er ein Mitglied der Koalition gewesen sei, während Seleukos erwiderte, daß nur die ihren Anteil erhielten, die dafür gekämpft hätten, so daß Koilesyrien wie Nordsyrien ihm zustehe (Diod. 21,1,5). Dennoch verzichtete er nach Ipsos im Gedenken an die Hilfe des Ptolemaios bei seiner Rückkehr nach Babylon auf die militärische Durchsetzung seines Anspruches auf die vom Lagiden besetzten Gebiete, ohne aber auf den Anspruch als solchen zu verzichten.532 In diesem Sinne sollte noch Antiochos III. bei seinem Einmarsch in Koilesyrien argumentieren, daß Koilesyrien durch Antigonos Monophthalmos erobert worden und nach der Schlacht von Ipsos vertraglich Seleukos I. Nikator zugesprochen worden sei, während schon die gemeinsame Expedition mit Ptolemaios I. eine Kampagne zugunsten des Seleukiden gewesen sei und nicht für den Lagiden selber,533 wobei die gleichen Argumente nochmals von Antiochos IV. Epiphanes verwendet werden sollten (Pol. 28,20,7).534

Bei Koilesyrien handelte es sich v.a. um einen strategisch bedeutsamen Landstreifen, um den sich zuvor schon Ägypten und Babylonien bzw. seine mesopotamischen Vorgänger gestritten hatten,535 da es sich hierbei um einen wichtigen Korridor Ägyptens nach Osten und unter den Ptolemaiern um die einzige Landverbindung zum Rest des Alexanderreiches handelte.536 So stellte das Gebiet auch eine Passage für eigene militärische Operationen zu Lande dar, wenn die Kriegsführung nicht allein von der Schlagkraft und Transportkapazität der Flotte abhängen sollte. Hierzu war eine Kontrolle über ganz Koilesyrien einschließlich der Region von Libanon und Antilibanon mitsamt den östlich dazu angrenzenden Gebieten notwendig.537 Insbesondere erfolgte aber auch spätestens seit der Perserzeit praktisch jede ernstzunehmende militärische Invasion nach Ägypten über Koilesyrien, wie es auch in den folgenden Jahrhunderten der Fall sein sollte. In diesem Sinne hatten die Perser schon Akkon (s. Strab. 16,2,25 (p. 758) & Diod. 15,41,3) und Gaza zu königlichen Festungen ausgebaut, die als Basis für Feldzüge gegen Ägypten dienen sollten.538

Der fruchtbare Küstenstreifen ermöglichte die Ansiedlung von Städten oder zumindest größeren Siedlungen,539 die militärtechnisch als Stützpunkt oder Versorgungsposten dienen, aber auch die längerfristige Versorgung eines größeren stehenden Heeres gewährleisten konnten. Zugleich stellten die schon existenten Städte aufgrund der Zersplitterung dieses Gebietes in verschiedenste autonome Einheiten, die untereinander in andauerndem Konflikt standen, keinen besonderen Machtfaktor dar, zeichneten sich zugleich aber auch durch starke Befestigungsanlagen aus (s. Arr. anab. 2,21,4 (Tyros) & 2,26,1 (Gaza)), indem z.B. Alexander der Große Tyros erst nach siebenmonatiger Belagerung hatte einnehmen können (s. in A) II.) b) Alexander der Große in Ägypten).540

Für das extrem holzarme Ägypten war aber auch das Libanongebirge mit seinen Zederbaumbeständen v.a. für den Aufbau einer schlagkräftigen Flotte äußerst wichtig. So hatten nach Herodot die Kontingente der phoinikischen Küstenstädte einen elementaren Bestandteil der persischen Flotte gebildet,541 wie diese Städte auch für Unternehmungen während des Alexanderzuges zusammen mit Zypern gewichtige Teile der Flotte bereitstellten (Arr. anab. 7,19,3-4 & 3,6,3 & 6,1,6; s.a. anab. 7,20,7-8 & Ind. 18,8).542 Des weiteren verfügte die Küste Koilesyriens auch über mehrere Häfen, während Ägypten nur sehr wenige besaß.543 Aus der Sicht der Ptolemaier besaß die Provinz wohl auch den Vorteil, daß sie noch besser erreicht werden konnte als Zypern und sich somit als Flottenbasis für Ägypten besser eignete, zumal da sie auch eine gute Basis für militärische Aktionen gegen den nördlichen Teil Syriens, Mesopotamien oder Kleinasien darstellte.544

Allerdings bestand der verteidigungsstrategische Wert dieses Gebietes nur so lange, wie sich dort ein Heer befand, während sonst eine gegnerische Armee ungehindert durchziehen konnte, indem sie einfach die befestigten Plätze und ihre Garnisonen links und rechts liegenließ und sich nicht lange mit Belagerungen aufhielt.545 Andererseits war im Falle des Anrückens einer feindlichen Übermacht auch ein schneller Rückzug möglich,546 so daß die in Koilesyrien stehenden Heereskräfte mit anderen in Ägypten stehenden vereinigt werden konnten, um so nicht in Unterzahl aufgerieben zu werden. Hierbei konnte auch eine gewisse Erschöpfung des Gegners vor einer entscheidenden Schlacht betrieben werden, insbesondere wenn dieser Rückzug in Verbindung mit einer Politik der verbrannten Erde betrieben wurde, da dann der Gegner vor logistischen Problemen stand, indem dann nicht nur die Wüste des Sinai, sondern auch Koilesyrien durchquert werden mußte. Dies war natürlich wiederum nur möglich, wenn vor dem Rückzug das Gebiet unter der eigenen Kontrolle gestanden hatte.

Im wirtschaftlichen Bereich war v.a. das Gebiet Palästinas aufgrund seiner geologischen und klimatischen Eigenschaften in seiner landwirtschaftlichen Nutzbarkeit stark eingeschränkt, wobei die Provinz in ihrer Gesamtheit aber dennoch ein Produzent von Getreide, Wein und Öl war.547 Von Bedeutung war dieses Gebiet jedoch im Bereich des überregionalen Handels, da hier die Weihrauchstraße, die Route der Karawanen aus Arabien, aber auch diverse andere Handelsrouten aus dem Osten endeten, so daß einerseits nahezu jeglicher Handel Ägyptens mit dem Osten zumindest noch während der Regierungszeit des Ptolemaios I. über diesen Landstrich verlief, andererseits es sich hierbei auch um einen Knotenpunkt des Orienthandels von Indien und Arabien mit dem des Mittelmeerraums handelte.548

Diese Provinz sollte allerdings schon wieder unter Ptolemaios V. Epiphanes 195 endgültig an die Seleukiden verloren werden.

 

 

Anmerkungen:

531 Hölbl (1994), p. 24; s.a. Geier (1838), p. 46; Bengtson (1975), p. 77; Ellis (1994)c, p. 51.

532 Diod. 21,1,5: ...περὶ δὲ τῆς Κοίλης Συρίας διὰ τὴν φιλίαν ἐπὶ τοῦ παρόντος μηδὲν πολυπραγμονήσειν, ὕστερον δὲ βουλεύσεσθαι πῶς χρηστέον ἐστὶν τῶν φίλων τοῖς βουλομένοις πλεονεκτεῖν.

533 Pol. 5,67,5-8: τὸ δὲ πλεῖστον οὐδ’ ἐν ἀδικήματι κατηριθμεῖτο τὴν πρᾶξιν, ὡς καθηκόντων αὐτῷ τινων ἀντιπεποιημένος, | τὴν δὲ πρώτην Ἀντιγόνου τοῦ μονοφθάλμου κατάληψιν καὶ τὴν Σελεύκου δυναστείαν τῶν τόπων τούτων ἐκείνας ἔφη κυριωτάτας εἶναι καὶ δικαιοτάτας κτήσεις, καθ’ ἃς αὐτοῖς, οὐ Πτολεμαίῳ, καθήκειν τὰ κατὰ Κοίλην Συρίαν· | καὶ γὰρ Πτολεμαῖον διαπολεμῆσαι πρὸς Ἀντίγονον οὐχ αὑτῷ, Σελεύκῳ δὲ συγκατασκευάζοντα τὴν ἀρχὴν τῶν τόπων τούτων. | μάλιστα δὲ τὸ κοινὸν ἐπιέζει πάντων τῶν βασιλέων. συγχώρημα, καθ’ οὓς καιροὺς Ἀντίγονον νικήσαντες καὶ βουλευόμενοι κατὰ προαίρεσιν ὁμόσε πάντες Κάσσανδρος. Λυσίμαχος, Σέλευκος, ἔκριναν Σελεύκου τὴν ὃλην Συρίαν ὑπάρχειν. Aufgrund der Anführung dieses Teilungsvertrages v.a. im Zusammenhang mit diesen argumentativen Auseinandersetzungen des Jahres 218/17 wurde auch die Möglichkeit erwogen, einen solchen vor der Schlacht geschlossenen Aufteilungsertrag in seiner Existenz zu bezweifeln (Seibert (1969), pp. 233-234). Allerdings war die Schlacht von Ipsos augenscheinlich a priori als eine Schlacht um alles oder nichts angelegt gewesen, so daß die Koalitionspartner die Notwendigkeit einer Neuverteilung der Besitzungen des Antigonos Monophthalmos im Erfolgsfalle vorausgesehen haben müßten, wobei eine vorherige Aufteilung äußerst ratsam war, um somit eventuellen Auseinandersetzungen im voraus zu begegnen.

534 Huß (2001), pp. 200 & 387; s.a. Bouché-Leclercq (1903-1907), Bd. I, pp. 366-367; Green (1990), pp. 34-35 & 289.

535 Volkmann (1959)e, p. 1623; s.a. Bouché-Leclercq (1903-1907), Bd. I, pp. 28-31 passim; Kienitz (1953), pp. 7-8.

536 Seibert (1969), p. 132.

537 Turner (1984), pp. 133-134.

538 Avi-Yonah (1973), p. 348.

539 s. Kuhnen (2004), p. 6.

540 Maier (1994), pp. 321 & 324 & 330-331.

541 Hdt. 1,143,1 & 3,19,3: Καμβύσης γὰρ βίην οὐκ ἐδικαίου προσφέρειν Φοίνιξι, ὅτι σφέας τε αὐτοὺς ἐδεδώκεσαν Πέρσῃσι καὶ πᾶς ἐκ Φοινίκων ἤρητητο ὁ ναυτικὸς στρατός.; 5,108-109 & 112,1 & 6,6 & 6,41 & 7,89,1-2 & 8,67; s.a. Diod. 14,79,8 & Paus. 1,15,3 & Thuk. 1,110,4.

542 Maier (1994), pp. 319 & 332; s.a. Bengtson (1975), pp. 27 & 120; Hölbl (1994), p. 24; Baker (2003), p. 392.

543 Seibert (1969), p. 133.

544 Will (1984)a, pp. 41-42.

545 Seibert (1969), p. 136.

546 Bengtson (1975), p. 27.

547 Hölbl (1994), p. 24; s.a. Avi-Yonah (1973), pp. 430-436 passim; Giveon (1982), pp. 642-643.

548 Volkmann (1959)e, pp. 1623-1624; s.a. Giveon (1982), pp. 642-643; Hölbl (1994), p. 24; Vittmann (2003), pp. 182-183.

 

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