Ptolemaios I. Soter
Christian A. Caroli:
Ptolemaios I. Soter – Herrscher zweier Kulturen
Konstanz 2007 (badawi - artes afro arabica)
Umfang: XIV + 414 Seiten • Format: 24 x 17 cm • ISBN 13: 978-3-938828-05-2
Preis (bis 10/2015): EUR 59,99 (inkl. 7% MwSt.) • Preis (ab 11/2015 bis 12/2022): EUR 29,95 (inkl. 7% MwSt.) • Preis (ab 01/2023): EUR 19,95 (inkl. 7% MwSt.)
B) Rahmenhandlung und Außenpolitik einschließlich der Verwaltung der Provinzen
III.) Die Außenbesitzungen
b) Zypern
3.) Die Zeit zwischen dem Frieden von 311 und der Schlacht von Ipsos
311/10 ging Zypern in die direkte Herrschaft des Lagiden über und Menelaos wurde zum alleinigen Statthalter der Insel.473 In der Amtszeit des athenischen Archon Simonides, also in diesem Jahr, starb nämlich gemäß Marmor Parium Nikokreon von Salamis, dessen Tod als der Beginn der unbedingten ptolemaiischen Beherrschung der Insel angesehen wird,474 da die anderen Stadtkönigtümer in der Zwischenzeit nahezu allesamt beseitigt oder durch die Diadochenkämpfe aufgerieben worden waren.475 Für diesen Zeitrahmen überliefert Diodor auch, daß Nikokles von Paphos wegen des Verdachts der Planung eines Abfalls mitsamt seiner Familie zum Selbstmord gezwungen worden bzw. die Familie ihm angesichts der Situation freiwillig nachgefolgt sei.476 Manche gehen hierbei jedoch von einer Verschreibung bei Diodor aus und bringen dieses Ereignis mit Nikokreon in Verbindung, zumal da in der Buch 20 vorangestellten Inhaltsangabe Nikokreon genannt wird, wenn er auch als König von Paphos bezeichnet wird.477 Allerdings spricht gegen die Annahme einer Verschreibung, daß im Gegensatz zu den Namen der beiden Könige die Namen von Paphos und Salamis nicht so leicht verwechselt werden können, während Polyainos lediglich vom Κυπρίων βασιλεύς spricht (Polyain. 8,48) und deswegen keinen weiteren sicheren Anhaltspunkt liefert.478 Zwar scheint nun der archäologische Befund auf den ersten Blick für Nikokreon von Salamis zu sprechen, da dort ein gewaltiger Scheiterhaufen mit darüber errichtetem Tumulusgrab gefunden wurde, der sich in diese Zeit datieren und vermuten läßt, daß hier eine ganze Fürstenfamilie in kürzester Zeit kremiert und bestattet wurde. Jedoch spricht der Aufwand der Bestattung dagegen, daß es sich um die einer offiziell des Hochverrats bezichtigten Person handelte.479 Auch besteht eine Diskrepanz zwischen dem chronologischen Ansatz des Todes des Nikokles von Paphos ins Jahr 310/09 bei Diodor und des des Nikokreon von Salamis ins Jahr 311/10,480 die jedoch nicht sonderlich schwergewichtig ist, da aufgrund der verschiedenen Datierungssysteme in der griechischen Welt die Quellen des öfteren chronologische Ungenauigkeiten zu haben pflegen. Wenn das Marmor Parium nur den Tod des Nikokreon erwähnt, so kann dies allerdings dadurch bedingt sein, daß allein dieses Datum von einer Bedeutung war, die über den Bereich von Zypern selber hinausging, da die Insel hierdurch direkter Teil des Ptolemaierreiches geworden war, während die Nikokles-Affäre eher von lokaler Bedeutung war.481 Bei genauerer Betrachtung der potentiellen Intensionen beider Herrscher kann allerdings festgestellt werden, daß Nikokreon seit 313 wie der eigentliche Herr der Insel herrschen konnte und im Wohlwollen des Ptolemaios stand, solange er ihm nur treu blieb, so daß er wohl kaum ein Interesse daran gehabt haben könnte, vom Lagiden zu Antigonos überzuwechseln, da er hierdurch praktisch nichts gewinnen, sondern nur alles verlieren konnte.482 Nikokles hingegen befand sich einerseits als König von Paphos in einer ähnlichen Situation wie Nikokreon, indem er sich durch die Ansiedlung der ehemaligen Bewohner von Marion in seiner Stadt in einer ähnlichen Rolle der Verpflichtung und der Abhängigkeit befand.483 Andererseits erhielt er jedoch niemals die Bedeutung und die Position des Nikokreon im Bereich der Inselpolitik, selbst als dieser gestorben war, so daß er sich von einem Abfall zu Antigonos die Erlangung eben dieser Stellung erhoffen konnte. In diesem Sinne existiert auch eine Serie von Tetradrachmen aus Paphos, die dem Typus der Alexanderdrachmen nachempfunden sind und auch regulär auf der Rückseite die Inschrift ΑΛΕΞΑΝΔΡΟΥ ΒΑΣΙΛΕΩΣ tragen, aber auf der Vorderseite rechts vom jugendlichen Herakles-Kopf für das bloße Auge kaum erkennbar mit ΝΙΚΟΚΛΕΟΥΣ beschriftet sind.484 Diese Prägung kann somit als ein Zeichen für den Abfall von Ptolemaios bzw. dessen Planung gewertet werden.485
Jedoch verlor Ptolemaios 306 die Kontrolle über die Insel infolge der verlorenen Seeschlacht bei Salamis im Rahmen einer von Antigonos betriebenen Großoffensive an Demetrios Poliorketes (s. in B) II.) c) 4.) Die Offensiven des Antigonos Monophthalmos und des Demetrios Poliorketes in den folgenden Jahren).
Anmerkungen:
473 s. Diod. 20,47,3; s.a. Hölbl (1994), p. 20; Volkmann (1959)e, p. 1614; Bengtson (1975), p. 24.
474 FGrH 239 (Marmor Parium) B17 = IG XII,5,444B,120-121: Ἀφ’ [οὗ Ν]ι[κ]οκρέων ἐτελεύτησεν καὶ Πτολεμαῖος κυρι|εύει τῆς νήσου, ἔτη , ἄ[ρχ]οντος Ἀθ[ήνη]σ[ιν] Σι[μωνίδ]ου.; s.a. Gesche (1974), pp. 103-106 passim.
475 Mehl (1995), p. 104; s.a. Meyer (1979)a, p. 406; Meyer / Senff (1999), p. 992.
476 Diod. 20,21,1-3; s.a. Hölbl (1994), p. 20; Gesche (1974), p. 104; Mehl (1995), p. 104.
477 Diod. 20, per.: ...Πτολεμαῖος δὲ Νικοκρέοντα τὸν βασιλέα τῶν Παφίων ἐπανείλατο.; s.a. Volkmann (1959)e, p. 1614; Gesche (1974), p. 104.
478 Mehl (1995), p. 105.
479 Mehl (1995), pp. 107-109.
480 Gesche (1974), pp. 103-104 & 107.
481 Gesche (1974), p. 109.
482 Gesche (1974), pp. 110-111.
483 Mehl (1995), pp. 103-104.
484 Gesche (1974), pp. 111-114. Diese Münzen werden zwar normalerweise auf 320-317 datiert (Mørkholm (1991), p. 58). Als Basis dient hierbei jedoch lediglich ein Münzfund in Damanhur, in dem sich Prägungen von Sidon und Ake bis 318/17 befanden, obwohl die Serie weitergeprägt wurde. Daher wurde angenommen, daß die Münzen um 317 vergraben worden sein müßten, was aber nicht als unbedingt überzeugend zu gelten hat, zumal da die Prägungen für Ake auch nicht eindeutig datiert werden können und der Münzfund bei derselben Berechnungsmethode ursprünglich auf 308 angesetzt worden war, wie auch durch die drohende Invasion des Antigonos in Ägypten nach dem Verlust Zyperns eine Begründung für dieses Depot gegeben wäre (Gesche (1974), pp. 115-120).
485 Gesche (1974), pp. 120-122.