Das Aufeinandertreffen zweier Kulturen II
A) Die ägyptische Konzeption des Königtums
Über die Konzeption des Königtums aus ägyptischer Sicht besitzen wir keine einzige theoretische Abhandlung aus der ägyptischen Antike. Einer der Gründe dafür liegt darin, daß es sich bei dieser Konzeption um kein in sich „geschlossenes System“ handelte, sondern um ein über Jahrtausende gewachsenes Ideengefüge.1 Hinzu kommt noch, daß die ägyptische Religion niemals eine Kanonisierung ihrer Texte und eine damit verbundene Festlegung von abstrakten Begriffen des theologischen Systems kannte, weswegen eine Unschärfe und Variabilität der Begriffe erhalten blieb. Schließlich wird das Fehlen einer zeitgenössischen systematischen Abhandlung z.B. aus gesellschaftstheoretischer Sicht auch dadurch bedingt, daß eine Gesellschaft sich in der Regel nicht ausführlicher mit Selbstverständlichkeiten auseinandersetzt, die als solche in keiner Weise umstritten sind. Kommt es dagegen zu Auseinandersetzungen, so müssen diese nicht immer auch auf der schriftliche Ebene ausgetragen werden oder können auch auf dieser in der Tradierung über die Generationen wieder verlorengehen, wenn sie nicht weiter rezipiert werden.2 In Ägypten beschränkte sich auch gerade die historiographische Fixierung bzw. die Fixierung in dauerhafter schriftlicher Form überhaupt auf sehr elitäre Kreise, die in Zeiten gefestigter Herrschaft gerade von dem System des pharaonischen Ägypten lebten und ihm zugehörten. Daher kann die Konzeption des ägyptischen Königtums nur anhand weit verstreuter Einzelsätze und Anspielungen wie z.B. Königstitulaturen und Königsnamen, Selbstdarstellungen und Verlautbarungen der Könige und der Geschichtsschreibung rekonstruiert werden.3
Für eine Darstellung der ägyptischen Konzeption des Königtums ist jedoch eine vorangehende Erläuterung des Prinzips der Maat von Nutzen, da dieses auch die Idee des idealen Königtums bestimmt.
Anmerkungen:
1 Blumenthal (1980), p. 527; s.a. Barta (1980)c, p. 485.
2 Assmann (1990), pp. 43-46.
3 Blumenthal (1980), p. 527; s.a. Barta (1980)c, p. 485.