Dr. Christian A. Caroli – د. كْرِسْتْيَان أ. كَارُلِي

Auf dem Weg zum Rubikon

Caroli: Auf dem Weg zum Rubikon (Coverbild)

Christian A. Caroli:

Auf dem Weg zum Rubikon – Die Auseinandersetzungen zwischen Caesar und seinen politischen Gegnern 52-49 v. Chr.
 

Konstanz 2008 (badawi - artes afro arabica)
 

Umfang: X + 113 Seiten • Format: 24 x 17 cm • ISBN 13: 978-3-938828-25-0

Preis (bis 10/2015): EUR 29,95 (inkl. 7% MwSt.) • Preis (ab 11/2015 bis 12/2022): EUR 14,95 (inkl. 7% MwSt.) • Preis (ab 01/2023): EUR 9,95 (inkl. 7% MwSt.)

 

 

B) Die Grundlagen der politischen Auseinandersetzungen im Vorfelde des Ausbruches des Bürgerkrieges (Die „Rechtsfrage“)

II.) Der Streit um die absentis ratio

b) Die Unterhöhlung der Absicherung des direkten und sicheren Übergangs zwischen beiden Ämtern

2.) Die lex Pompeia de ambitu

Des weiteren wurde auf Antrag des Pompeius ein verschärftes ambitus-Gesetz, die lex Pompeia de ambitu,229 ratifiziert. Diese verkürzte das Verfahren auf insgesamt fünf Tage, sah eine Liste von 360 Mitgliedern der Richterklassen als potentiellen Geschworenen vor (Vell. 2,76,1), von denen erst am letzten Tage 81, nämlich 28 Senatoren, 27 Ritter und 26 Aerartribunen, als Richter ausgelost wurden, von denen wiederum jede Seite nur 15, nämlich fünf je Klasse ablehnen durfte (Ascon. p. 43 St.), und verschärfte auch die Strafen. Außerdem wurde es mit rückwirkender Geltung, die bis zum ersten Konsulat des Pompeius im Jahre 70 hinreichte, erlassen, so daß auch Caesars Konsulat darunter fiel und dieser unter den verschärften Bedingungen dieses Gesetzes für seinen Wahlkampf um sein erstes Konsulat belangt werden konnte.230 Daher rief das Gesetz neben den allgemeinen Bedenken u.a. Catos wegen der rückwirkenden Kraft (Plut. Cato min. 48,3) den Widerstand der Caesaranhänger hervor, was aber Pompeius angeblich damit abwies, daß auch sein eigenes zweites Konsulat davon betroffen sei (App. civ. 2,23,87-88).231

Dieses Gesetz allein konnte jedoch nur dann gegen Caesar seine Wirkung zeigen, wenn er den Status eines privatus innehatte, so daß gegen ihn überhaupt ein Prozeß angestrengt werden konnte, was ja auch noch nach Ratifizierung der lex Pompeia de provinciis hätte vermieden werden können. Daher könnten diese beiden Gesetze allein noch nicht als Basis einer eventuellen politischen Eliminierung Caesars gedient haben, sondern sie stellten sehr wahrscheinlich eine Reaktion auf die Wirren bei den Wahlen zu den höheren Ämtern der letzten Jahre dar, da bei diesen der Wahlkampf derartige Ausmaße angenommen hatte, daß die Wahlen für 53 erst im Juli des eigentlichen Amtsjahres stattfanden und die für 52 bis zum Jahresanfang nicht durchgeführt worden waren.232 Bemerkenswert ist dabei auch, daß gerade Cato, der ja Caesar unbedingt vor Gericht ziehen wollte, den rückwirkenden Aspekt der lex Pompeia de ambitu kritisierte, obwohl dadurch auch bezüglich Caesars Agitationen während des Wahlkampfes um sein Konsulat ein härteres Vorgehen ermöglicht wurde. Catos Einspruch basierte jedoch wahrscheinlich auf seiner stoischen Weltanschauung, nach der man sein Handeln möglichst strikt an den Gesetzen ausrichten müsse. Dies ist jedoch nur möglich, wenn diese Gesetze zum Zeitpunkt der Handlung schon bekannt sind, während man sich nicht an Gesetze halten kann, die es noch gar nicht gibt, so daß ein Gesetz mit rückwirkender Kraft ein Leben nach diesem stoischen Grundsatz der Gesetzestreue unmöglich macht.233 Cato war aber auch dazu fähig, seine Prinzipien der Gesetzestreue in einem gewissen Rahmen zu vernachlässigen, wenn der Erhalt der res publica und des mit ihr verbundenen mos maiorum auf dem Spiel standen.234 So wäre er wohl in diesem Falle bereit gewesen, zugunsten eines gemeinsamen Vorgehens der Optimaten gegen Caesar mit dem strikten Ziel von dessen politischer Vernichtung Pragmatik zu zeigen. Zudem war der Tatbestand des ambitus als solcher schon vor der lex Pompeia und vor dem Konsulat von 70 gesetzlich sanktioniert gewesen, so daß eine alleinige Änderung des Strafmaßes noch nicht dem Prinzip der Gesetzestreue in einem Umfange zuwiderlaufen mußte, der jeglichen Kompromiß verbot. Der Einspruch Catos stellt, auch wenn es sich hierbei um „die Meinung eines einzelnen“235 aufgrund seiner speziellen Weltanschauung handelte, die These, daß es sich bei der lex Pompeia de ambitu um einen Teil eines gemeinsam vorbereiteten Schlages der Optimaten gegen Caesar handelte, beträchtlich in Frage.

 

 

Anmerkungen:

229 ...duas [sc. leges] ex S. C. promulgavit [...] alteram de ambitu: poena graviore et forma iudiciorum breviore. Utraque enim lex prius testes dari deinde uno die atque eodem et ab accusatore et a reo perorari iubebat, ita ut duae horae accusatori, tres reo darentur. (Ascon. p. 34 St.), s.a. pp. 35 St. & 45 St. & Cic. Att. 10,4,8 & 13,49,1 & Mil. 105 & Brut. 324 & Tac. dial. 38 & App. civ. 2,23,87-24,94 & Dio 40,52,1-2; s.a. Rotondi (1912), pp. 410-411.

230 νόμῳ τε ὥρίζειν ἀπὸ τῆς ἑαυτοῦ τὸ πρῶτον ὑπατείας ἐς τὸ παρὸν εὐθύνειν τὸν ἐθέλοντα. Καὶ ἦν ὁ χρόνος ὀλίγῳ μείων ἐτῶν εἴκοσιν, ἐν ᾧ καὶ ὁ Καῖσαρ γεγένητο ὕπατος. (App. civ. 2,23,87).

231 Meyer (1922), pp. 232 & 243; s.a. Gelzer (1959), pp. 174-175; Miltner (1952), p. 2163; Mommsen (1899), p. 216.

232 Gruen (1974), pp. 149-153 passim.

233 Schuller (2000), pp. 688-690.

234 Gruen (1974), p. 54.

235 Schuller (2000), p. 690.

 

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