Auf dem Weg zum Rubikon
Christian A. Caroli:
Auf dem Weg zum Rubikon – Die Auseinandersetzungen zwischen Caesar und seinen politischen Gegnern 52-49 v. Chr.
Konstanz 2008 (badawi - artes afro arabica)
Umfang: X + 113 Seiten • Format: 24 x 17 cm • ISBN 13: 978-3-938828-25-0
Preis (bis 10/2015): EUR 29,95 (inkl. 7% MwSt.) • Preis (ab 11/2015 bis 12/2022): EUR 14,95 (inkl. 7% MwSt.) • Preis (ab 01/2023): EUR 9,95 (inkl. 7% MwSt.)
B) Die Grundlagen der politischen Auseinandersetzungen im Vorfelde des Ausbruches des Bürgerkrieges (Die „Rechtsfrage“)
I.) Das Ende der Statthalterschaft Caesars
c) Die lex Pompeia Licinia de provincia C. Iulii Caesaris
2.) Die gängige Alternative: Der 01.03.50 als Endtermin
Nach der Veröffentlichung der Arbeiten von Hofmann und Mommsen im Jahre 185755 galt der 01.03.49 für fast ein halbes Jahrhundert lang als das nahezu allgemein anerkannte Enddatum der Statthalterschaft Caesars, so daß dieses Thema kaum noch diskutiert wurde. Hirschfeld56 brachte jedoch 1904 mit seinem Aufsatz eine Alternative ins Spiel und ließ die Diskussion um den Endtermin damit erst zu dem ewigen Streitthema der Altertumswissenschaft des 20. Jahrhunderts werden.57 Gemäß diesem alternativen Ansatz lief die fünfjährige Verlängerung der Amtszeit Caesars als Statthalter Galliens entsprechend der Amtszeit, die die beiden Konsuln Pompeius und Crassus als Statthalter zugesprochen bekamen und die in ihrer Dauer wie die Caesars über Gallia cisalpina anscheinend ab dem Jahr des Konsulats zu berechnen war, sofort im Jahr der Gesetzgebung, also zum 01.03.55 an. Daher dauerte die Statthalterschaft Caesars bis zum 01.03.50, und alle drei „Triumvirn“ waren ursprünglich von ihrem erstmöglichen Ablösungstermin her gleichgestellt.58 So glaubte schon Hofmann, daß es kaum möglich gewesen sei, daß Pompeius duldete, schon ein privatus zu sein, während Caesar noch sein imperium innehabe, wobei er allerdings davon ausging, daß alle drei imperia zum 01.03.49 endeten,59 was aber die Frage aufkommen läßt, warum dann bezüglich der lex Trebonia auch von fünf und nicht von sechs Jahren geredet wird. Diese Gleichberechtigung kann neben dem Umstand, daß gemäß Cassius Dio (39,36) die lex Pompeia Licinia im Anschluß an die lex Trebonia ratifiziert wurde, auch aus der Epitome des Livius abgeleitet werden. Denn diese läßt die Verlängerung der Statthalterschaft Caesars in die lex Trebonia hineinfließen, so daß das quinquennium auch so gedeutet werden kann, daß es zusammen mit den quinquennia von Pompeius und Crassus lief.60 Jedoch besteht bei dieser Quelle das Problem, daß es sich um eine Epitome handelt. Auch wenn Livius zu der Zeit dieser Ereignisse schon geboren sein und sie als Kind schon selber wahrgenommen haben kann bzw. sie ihm von Beteiligten in frischer Erinnerung berichtet worden sein mögen, so daß sein Originalbericht zuverlässig gewesen sein mag, ist es immer noch möglich, daß es bei der Zusammenfassung von seiten des Epitomators zu Ungenauigkeiten kam, zu denen auch die Verschmelzung der beiden Gesetze gehören kann.61
Gegen diesen Ansatz spricht auch nicht, daß Sueton auf Ende 50 bezogen von neun Jahren des Besitzes des imperium spricht,62 da er nur feststellt, daß Caesars Statthalterschaft so lange gedauert habe, aber nicht behauptet, daß nach seiner Rechnung noch ein zehntes Jahr gesetzlich festgeschrieben war. Des weiteren ist es u.U. auch möglich, daß unter dem Eindruck der Streitigkeiten um die Bestellung eines Nachfolgers Caesars als gallischer Statthalter zur Zeit Suetons die genaue Terminlage nicht mehr eindeutig bekannt war. So erwähnt Cassius Dio nur eine Verlängerung der Statthalterschaft von drei Jahren (Dio 39,33,3) und kommt damit auf insgesamt acht Jahre gesetzlich festgelegter Statthalterschaft (Dio 44,43,2). Dadurch ignoriert er aber den aus zeitgenössischen Quellen belegten 01.03.54, wobei er auch sonst als sehr schlecht informiert zu gelten hat.63 Daher erscheint es sehr fraglich, ob Cassius Dio, wenn er den Termin des ersten Gesetzes ignorierte, überhaupt den des zweiten kannte oder ob er, ohne weitere Daten zu besitzen, den Endtermin aufgrund der Ereignisse und Agitationen im Rahmen der versuchten Absetzung Caesars einfach in das Jahr 50 setzte.
Anmerkungen:
55 Hofmann (1857) & Mommsen (1857).
56 Hirschfeld (1904) & Hirschfeld (1905) im Diskurs mit Holzapfel (1903), Holzapfel (1904) & Holzapfel (1905).
57 s. Birnbacher (1916), p. IV; s.a. Holmes (1916), p. 49; Holmes (1923), Bd. II, p. 299.
58 Meyer (1922), pp. 158-159 n. 1; s.a. Marsh (1927), pp. 278-279; Perpillou (1928), pp. 275-276; Stone (1928), p. 193; Marsh (1963), p. 213; Stockton (1975), p. 243. Von einer Überschneidung der in den beiden Gesetzen bestimmten Zeiträume und einer Gleichberechtigung der drei „Triumvirn“, allerdings mit einem anderen Enddatum gehen noch Stocker (1960/61), p. 246 (vor 13.11.50) und Adcock (1932), pp. 19 & 23 (Ende 50) aus.
59 Hofmann (1857), pp. 19-20.
60 Liv. epit. 105; s.a. Hardy (1918), pp. 166-167.
61 Strasburger (1990), p. 259 geht z.B. davon aus, daß die periochae von ihrem Umfang her etwa 1/100 der ursprünglichen Darstellung des livianischen Geschichtswerkes ausmachen dürften und u.U. ihrerseits wieder aus einer oder mehreren Zusammenfassungen schöpften. So dürfte nach seiner Berechnung die ursprüngliche Schilderung der Geschehnisse von der catilinarischen Verschwörung bis zur Ermordung Caesars die Länge von etwa 900 Teubnerseiten besessen haben.
62 Suet. Iul. 25,1; s.a. Hardy (1918), p. 164.
63 Hardy (1918), pp. 172-174; s.a. Coffin (1925/26), pp. 177-179 passim; Marsh (1927), p. 280; Stevens (1938), p. 172; Sealey (1957), pp. 81-82; Stocker (1960/61), pp. 243-245 passim.